Der Temperatursensor ist gegen direkte Sonneneinstrahlung geschützt. Liegt die rote Linie über der grünen, so ist das ein Indiz für zusätzliche Infrarotstrahlung strahlender Oberflächen aus der Umgebung ("Reflexstrahlung aus dem unteren Halbraum" [5]). Die Temperaturdifferenz entsteht demnach durch Reflexion oder Abgabe gespeicherter Wärme des Mauerwerks (s. unter Unnas gefühlte Temperatur).
Messort
Unna-Innenstadt Ökozelle
Messrate
3 / h
Betriebszeit
7 - 23 Uhr
Sensor
DS18S20
Kalibrierung
werksseitig ± 0.5 K
Inbetriebnahme
April 2022
Die wohl aussagekräftigste Messgröße zum Beleg des Klimawandels ist die Temperatur. Als Leitgröße hilft sie zur Vorbereitung von Innenstädten auf die nächsten Hitzwellen. Vorausgesetzt, man kennt die lokalen Messwerte.
Für den menschlichen Körper sind die Mechanismen und Wirkungen der Wärmeaufnahme in der Literatur hinreichend beschrieben [1]. Will man realistische Aussagen über die thermische Vor-Ort-Belastung in Unna treffen, dann eignen sich die Lufttemperaturangaben der Wetterdienste allerdings nur bedingt. Zwar werden diese Messwerte unter standardisierten Bedingungen erhoben, es fehlt jedoch die „letzte Meile“, die die tatsächliche Wärmebelastung ausmacht. Hier spielen lokale Gegebenheiten wie Bebauungshöhe, Fassadengestaltung, geografische Orientierung, Durchlüftung usw. eine entscheidende Rolle.
Wie und wo wird offiziell gemessen?
Für Unna bedeutet dies konkret: Es gibt keine Messwerte. Die offiziellen Angaben stützen sich auf die Messstationen Dortmund/Wickede (6 km) des DWD, sowie die Messpunkte „Liedbachtalbrücke“ (4 km), „Autobahnkreuz A1/A44“ (3 km) [2]. Die Messstation der Stadtwerke Unna befindet sich 2 km außerhalb der Innenstadt auf freier Rasenfläche.
Die Temperaturangaben für Unna beinhalten - bezogen auf die Innenstadt - somit zwei Fehlerquellen:
1. Die lokale Lufttemperatur kann nur durch Interpolation bestimmt werden (Abstände der Messstationen zwischen 2 und 6 km).
2. Die o.g. Messstationen befinden sich in freiem, unbebautem Gelände und sind damit für die Beurteilung der lokalen Wärmebelastung in der Innenstadt (Mikroklima) nur bedingt aussagekräftig.
Lokale Messung
Die Messung, die auf dieser Seite dargestellt ist, erfüllt nicht die Anforderungen an meteorologische Messungen nach WMO oder nach VDI-Richtlinie 3783 Blatt 21. Ziel ist es jedoch, auch die globale Strahlung einzubeziehen, um einen Indikator für die Wärmebelastung in der Innenstadt zu haben. Deshalb ist der Sensor an einem beschatteten Ort montiert. Zusätzlich wird er von den Infrarotstrahlung einer nach Süden orientierten, nicht begrünten Hauswand aufgeheizt. Dies entspricht einer typischen Innenstadtsituation mit in Ost-West-Richtung verlaufender Straße, vergleichbar mit der Fußgängerzone im östlichen Teil der Massener Straße.
So ergibt sich die "Reale Temperatur" aus der Summe der lokalen Lufttemperatur und der am Messpunkt einwirkenden Infrarotstrahlung ohne direkte Sonnenexposition.
Im Gegensatz zu den Standardbedingungen einer validen Lufttemperaturmessung (strahlungsarmes Gehäuse, Rasenfläche, Höhe usw.) ist der Sensor in Unna bewusst der thermischen Strahlenexposition in einer Innenstadt ausgesetzt.
Abb. 1: Einfluss der reflektierten Globalstrahlung auf die tatsächliche Temperatur in Innenstädten.
Die Vergleichsmessungen haben gezeigt, dass Temperaturabweichungen > 9 °C zwischen dem offiziell bestimmten und dem lokal gemessenen Wert auftreten. Dies ist insbesondere bei austauscharmen Wetterlagen und Ausstrahlungsnächten der Fall.
Die aktuellen Abweichungen kann man direkt auf dem oben dargestellten Thermometer verfolgen: Der Messwert der Lufttemperatur des Deutschen Wetterdienstes für Dortmund-Wickede ist mit dem Marker █ in der Skala gekennzeichnet. Die Differenz der beiden dargestellten Werte ist somit ein (zunächst noch grober) Indikator für die auftretende Wärmebelastung in der Innenstadt von Unna.
Gesamtsituation
Abb. 2: Kälte- und Hitzeinseln in Unna. Rot: Hitzeinseln auf Industrieflächen. Blau: Kälteinseln in Parks und Gebieten mit natürlicher Vegetation.
Kartographische Grundlage: IR-Satellitenbild von Landsat 8 in: Bayerischer Rundfunk [4]
Wärmequellen Mauerwerk und Fensterfronten
Bekanntermaßen sind bezüglich der Wärmebelastung eines Menschen alle Wärmequellen aus der Umgebung zu berücksichtigen. Für Innenstädte sind das insbesondere die Infrarotstrahlungen der aufgeheizten Gebäudeaußenwände sowie die Reflexionen großflächiger Fensterscheiben. Gerade letztere können, da sie oftmals zum Wärmeschutz der Innenräume mit einer Metallschicht bedampft sind, einen erheblichen Infrarotanteil des Sonnenlichtes zurückgeben.
Abb. 3: Lokale Wärmebelastung durch unbegrünte Fassaden
Auch die Zeit ist ein Wärmefaktor
Während reflektierendes Wärmeschutz-Fensterglas nur bei Sonnenschein zur Wärmebelastung im Aussenbereich beiträgt, strahlen aufgeheizte Fassaden und Böden über Stunden die gespeicherte Wärmeenergie an die unmittelbare Umgebung ab. Diese lokalen Effekte bleiben bei den standardisierten, interpolierenden Messverfahren zur Bestimmung der Lufttemperatur unberücksichtigt, da sich die Sensoren in einem weitgehend strahlungsgeschützten Behälter auf strahlungsarmen Rasenflächen befinden.
Ist-Zustand 2023
Betrachtet man die thermische Situation in der Innenstadt von Unna in der Gesamtschau (Abb. 4), dann wird der Mangel an temperatursenkenden Grünbereichen (Greenzones) deutlich. Hieraus ergibt sich für die Zukunft dringender Handlungsbedarf.
Abb. 4: Kälte- und Hitzeinseln innerhalb des Verkehrsrings.
Eigene Kartierung, kartographische Grundlage: OpenStreetMap [3]
Tipps rund um Unnas Klimaschutz gibt es in der KlimaAppUnna. Dort kannst du auch beim Klima-Caching mitwirken.
Die 7-Tage-Wetterentwicklung für Unna (Meteogramm):
Quellen:
[1] Jendritzky, G. et al.: Thermische Umweltbedingungen. In: Deutscher Wetterdienst (Hrsg.): Biometeorologie des Menschen. promet Heft 3/4 2007.
[2] www.wetterdienst.de
[3] www.openstreetmap.org
[4] Bayerischer Rundfunk: Klimawandel in der Stadt. https://hitzeinseln-tiles.interaktiv.br.de/tiles/heat/12/2135/1361
[5] Meteorologische Messungen. https://publikationen.bibliothek.kit.edu/1000075935/19964778